Ulrike Königshofer
Meine Reise nach New York startet im September. Knapp zehn Jahre zuvor war ich schon einmal für einen Monat dort, ich kenne also die Stadt schon etwas und war damals sogar in der Wohnung zu Besuch, die jetzt auf mich wartet. Als ich dort ankomme, bin ich trotzdem ziemlich überwältigt vom Rundumausblick auf Manhattan. Mein Bett schiebe ich ganz ans Fenster, sodass ich mit Blick auf die funkelnden Hochhäuser einschlafen und mit farbenschimmerndem Himmel über New York aufwachen kann. Die Gegend rundherum ist sehr entspannt und grün, nicht so stressig wie in Midtown, wo ich damals untergekommen war.
Zu Beginn einer so langen Residency gibt es immer eine Menge zu organisieren. Mein Smartphone funktionierte nicht im amerikanischen Netz und ein neues muss her. Nach und nach finde ich mich mit allem zurecht und dann heißt es erst einmal: Auf ins Museum! Noch in Wien machte ich eine Liste mit Ausstellungen – es gab so viel hier, da musste man sich erst einmal durchackern, um sich die Sachen zu suchen, die einen besonders interessieren. Morgens zum Frühstück finde ich auf Instagram regelmäßig ganz spontan Programm für die nächsten Tage. Also, jeden Tag irgendwo hin – eine Ausstellung im MOMA, Talks in der Dia Foundation, eine Performance in The Kitchen, ein Filmfestival im Lincoln Art Center. Dazwischen finde ich in den Museumsshops eine Menge Bücher, die ich immer schnellentschlossen kaufe. Mein Stapel zu Hause wird immer höher, aber ich habe die Zeit, alles zu lesen. Ich sauge alles auf wie ein Schwamm. Das Tolle an der Stadt ist für mich dieser Flow an Möglichkeiten, die sich wie von selbst auftun.
Daneben habe ich mein Studio im ISCP in Brooklyn bezogen und bin ganz glücklich dort. Der Raum ist gar nicht so klein, wie ich ihn mir vorgestellt hatte, hat große Fenster und ist ganz leer – im Gegensatz zu meinem Studio in Wien, wo alles überquillt. Ich fange an, dort zu arbeiten, pause nach und nach die Wände ab auf großen Papierbögen.
Nach einem Monat halte ich im Studiohaus einen Talk über meine Arbeiten, einen weiteren Monat später gibt es übers Wochenende ein groß angekündigtes Open Studio im ganzen Haus. Beides nimmt mehr Zeit in Anspruch, als ich dachte, es lohnt sich aber. Der Talk kommt gut an und auch meine Installation für die Open Studios wird sehr schön und ich bekomme viel positives Feedback und lerne viele neue Leute kennen.
Danach merke ich dann, dass mein Energielevel langsam sinkt. Jeden Tag Programm geht für eine Zeit lang gut, irgendwann braucht man dann eine Pause. Ich merke auch: Die Künstler, die permanent in New York leben, verbringen die meiste Zeit mit ihrer eigenen Arbeit und haben kaum Ressourcen, um sich irgendetwas anderes anzusehen.
Mir rinnt langsam die Zeit durch die Finger. Ich wollte hier eigentlich ein Zeichenprojekt umsetzen, für das ich die leeren Wände von Ausstellungsräumen auf Papier festhalte, es erweist sich allerdings als äußerst schwierig, an die richtigen Kontakte zu kommen. Ich verbringe viel Zeit damit, unzählige E-Mails an verschiedenste Menschen zu schreiben, aber es klappt nicht. Und dann, wenige Wochen vor meiner Abreise bekomme, ich endlich eine Zusage: Gagosian Gallery, sehr spontan. Und dann noch eine und noch eine. So kommt es, dass ich nach drei Monaten Vorarbeit, in denen sich scheinbar nichts bewegte, nun eine Woche lang jeden Tag in einem Ausstellungsraum bin, um Zeichnungen vor Ort zu machen. Finally. Es entsteht eine Menge Material. Das Highlight ist die Gagosian, wo sich durchs Papier eine unter zahlreichen Farbschichten liegende, unsichtbare Schrift durchzeichnet, die selbst die Kuratorin höchst erstaunt. Sie macht ein Foto mit mir und der Arbeit. Eine fette Rolle Zeichnungen wandert per Diplomatenpost zurück nach Wien.
1. | Mein Aufenthalt im Atelier in einem Wort: |
Vielfältig | |
2. | Dos & Don’ts an diesem Ort: |
Don’t: In den meisten Kaffeehäusern einen Tisch zuweisen lassen, nicht einfach hinsetzen! Do: Offen sein, um ganz viel auszuprobieren, einfach machen! |
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3. | Das fehlt mir/das vermisse ich, seit ich nicht mehr dort bin: |
Durch die Straßen mit ihrer wunderbaren Architektur flanieren. | |
4. | Super Arbeitsmaterial gibt’s hier zu kaufen: |
Es gibt viele solche Geschäfte in NY. Ich war oft bei Blick. Direkt beim Atelierhaus ist das Artist & Craftsman, da kriegt man auch das meiste, das man braucht. | |
5. | Das sollte man unbedingt von zu Hause mitbringen: |
Stromstecker für Wohnung und Studio. | |
6. | Zum Thema Kunst an meinem Residency-Ort und wo ich die besten Ausstellungen besucht habe: |
Es gibt tausende Ausstellungen zu sehen, es ist sehr zeitaufwändig, sich da online durchzusuchen, aber es lohnt sich. Gute Adressen sind auf jeden Fall: Dia Beacon, MOMA, MOMA PS1. Alternative Orte: The Kitchen, Pioneer Works oder e-flux Factory. | |
7. | Rund um das Auslandsatelier – hier kaufe ich ein, hier trinke ich Kaffee und hier gibt’s das beste Mittagsmenü um die Ecke: |
Trader Joe's (nicht ganz so teuer wie alles andere), Westside (sehr viel Auswahl, sehr viel leckeres fertig Gekochtes), Whole Foods Union Square (großes Sortiment an Obst und Gemüse und alles mögliche andere). Kaffeehäuser: Café-Flor (sehr gemütlich mit vielen Pflanzen), Coffee Fellini, beide 8th Avenue. | |
8. | Den Tag lasse ich bei einem Dinner, Drinks, gutem Sound oder zum Networken häufig hier ausklingen: |
Am liebsten auf meinem Balkon. | |
9. | Was ich eigentlich gerne schon am Beginn meiner Residency über das Atelier gewusst hätte: |
Website Resident: ulrikekoenigshofer.at