Tokio, Japan02/18–04/18

Fanni Futterknecht

Mein Aufenthalt in Tokio war einer der schönsten Auslandsaufenthalte seit langer Zeit.
Der Anfang war nicht immer einfach, da der Kulturunterschied und die sprachliche Barriere manchmal eine Herausforderung waren, besonders wenn man etwas ab vom Schuss lebt, so wie im Viertel Arakawa, und im Winter dort ankommt. Das Haus ist ein recht traditionell konstruiertes japanisches Haus, sehr geräumig und ruhig und gut, um sich auf die Arbeit zu konzentrieren, jedoch schlecht isoliert und in den Wintermonaten nicht der gemütlichste Ort. Dafür kann man dann ab dem Frühling den Balkon genießen.
Mit der Zeit und durch die unglaubliche Hilfsbereitschaft und Geduld der Japaner lebt man sich ein und findet viele Dinge heraus. Die Menschen haben mich immer und überall herzlich willkommen geheißen; das war wirklich eine ganz besondere Erfahrung, wo die Japaner auch sehr schüchtern und reserviert sein können.

Es gibt in Tokio so unglaublich viel zu sehen, zu tun, zu erleben, dass man in drei Monaten tatsächlich nur einen ersten Eindruck bekommt. Für mich persönlich steht fest, dass ich definitiv sobald wie möglich wiederkommen muss.
Die Kunstszene in Japan ist sehr divers, es gibt viele unterschiedliche Veranstaltungen, jedoch wenig kritische Kunst. Ich habe mir zeitgenössische Kunst angesehen, aber bin auch recht viel ins Theater gegangen, um mich mit den traditionellen Theaterformen wie Noh und Kabuki auseinanderzusetzen. Besonders das Noh-Theater und die Arbeit mit den Masken fand ich in Bezug auf meine Arbeit sehr spannend.

In meiner künstlerischen Arbeit befasste ich mich mit der Otaku-Szene in Tokio. Der moderne Gebrauch von Otaku im Sinn von Fan/Nerd geht auf eine Modeerscheinung unter Anime- und Science-Fiction-Fans Anfang der 1980er-Jahre zurück, die ein großes Maß an Zeit für ihre Leidenschaft aufwendeten. Ich hielt mich dadurch viel an Orten auf, wo sich Otakus treffen und in ihrer Anime Welt versinken können.
Dadurch eröffneten sich mir teilweise sehr surreale Welten, in die ich eintauchen konnte und die mich kreativ fütterten.

Obwohl Greater Tokyo fast 38 Millionen Einwohner zählt und man die U-Bahn während der Rush-hour unbedingt meiden sollte, empfand ich Tokio als eine ruhige Stadt.
Ich hielt mich sehr viel im öffentlichen Raum auf und hab versucht, mich so viel wie möglich mit den Künstler:innen vor Ort auszutauschen und ihnen näher zu kommen. Es war eine unvergessliche Zeit, das zeigt sich allein durch all die besonderen Menschen, denen ich in dieser Zeit begegnen durfte.

1. Mein Aufenthalt im Atelier in einem Wort:
  Sugoi (fantastisch)!
2. Das fehlt mir/das vermisse ich, seit ich nicht mehr dort bin:
  Die Menschen, die ich kennengelernt habe, die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Japaner, das gute Essen und die Stimmung in den Izakayas, die versteckten Orte, die saubere U-Bahn und nicht angepöbelt zu werden, die Futons, auf denen man so gut schläft, japanische Badewanne, die sich anfühlt wie ein Suppentopf, die geschäftigen und oft sehr betrunkenen Geschäftsmänner …
3. Dos & Don’ts an diesem Ort:
  Dos: Sich auf die Menschen vor Ort einlassen, vieles fragen und sich mitnehmen lassen, offen gegenüber Unbekanntem, neugierig sein, sich treiben lassen, mehr Zeit außerhalb als innerhalb des Ateliers verbringen.
Don’ts: Nicht in der U-Bahn Bier trinken.
4. Wo man super Arbeitsmaterial kaufen kann:
  Ich habe mit Video und Foto gearbeitet.
5. Das sollte man unbedingt von zu Hause mitnehmen:
  Sehr ästhetischer Zugang zur Kunst, wenig kritische Kunst. Gute experimentelle Musik-Szene.
6. Zum Thema Kunst an meinem Residency-Ort:
  Sehr ästhetischer Zugang zur Kunst, wenig kritische Kunst. Gute experimentelle Musik Szene.
7. Rund um das Auslandsatelier – hier kaufe ich ein, hier trinke ich Kaffee und hier gibt’s den besten Mittagsteller in Laufdistanz:
  Ich esse fast jeden Tag mittags Sushi im Lokal oder am Balkon.
8. Den Tag lasse ich häufig hier ausklingen (Dinner, Drinks und bester Sound):
  Ums Eck gibt’s eine nette kleine Bar wo nur 5 Leute reinpassen. Der Besitzer hat mal Mode in Paris studiert, und man kann sich mit ihm auf Französisch unterhalten. Dort ist es immer lustig und sie haben lange offen.
9. Was ich eigentlich gerne schon am Beginn meiner Residency über das Atelier gewusst hätte:
  Mehr Vermittlungen zur Szene in Tokio vonseiten des Kulturforums.


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